Daniela Beuren, Elke Papp, Karin Seidner und Martina Sinowatz – Kollektive AutorInnenschaft
Aus einer Runde von 12 Frauen mit künstlerischer Orientierung in Richtung Literatur, Theater und/oder Musik, die sich ein Jahr lang zweimal wöchentlich in einem Proberaum trafen, um „etwas zusammen zu machen“ – Improvisationstheater, Schlagersingen, Texte, Aktionen, ... – hat sich die grauenfruppe herauskristallisiert. Nunmehr vier Frauen entwickeln seit 1995 gemeinsam literarische Performances. Die Fragen unseres Publikums (oder derer, die noch nicht wissen, ob sie sich dazu zählen wollen) Was ist das? (vor dem Erleben unserer Performances) und Wie macht ihr das? (danach) begleiten unsere Laufbahn.
Beantworten wir zunächst Frage 2: Wir schreiben an Texten selten gemeinsam, sondern jede für sich. Das Gemeinsame besteht im Montieren der Texte zu einem Ganzen und in der Entwicklung eines Konzeptes zur Umsetzung vor Publikum. Wir teilen aber auch unseren Alltag – nicht, indem wir räumlich zusammenleben, nein, wir haben üblicherweise vier getrennte Alltage (so auch der Titel einer unserer Projekte: Alltag 4) sondern wir teilen einander unseren Alltag mit, das Normale, die Katastrophen und Sensationen. Dabei verwenden wir alle Kommunikationskanäle: Telefon fest und mobil (SMS!!!!), Briefe (naja, zugegeben, das Briefprojekt ist schon einige Jahre her – dabei haben wir uns nicht auf die Post verlassen, sondern uns die Briefe bei unseren Treffen persönlich überbracht) E-Mail, Träume. Immer wieder antworten auch unsere Texte aufeinander. Und so regelmäßig (einmal in der Woche) wie möglich treffen wir uns, wobei der Austausch über unsere Leben und der genüssliche Teil des gemeinsamen Essens und Trinkens breiten Raum einnimmt. Und hier geht es wie bei den Texten – jede bringt etwas mit und wir machen ein Gemeinsames daraus und freuen uns daran.
„Der Teig muss knödeltechnisch effizient um die Zwetschken herum zu einer ansehnlichen Kugel geformt werden, bevor die Knödel mit mäßiger Geschwindigkeit ins siedende Wasser geworfen und bis zu ihrem Aufstieg an die Wasseroberfläche darin gesotten werden müssen, bevor sie gemeinsam mit dem vorliegenden Text, der bis dato noch nicht vorliegt, wie aus dem Text ersichtlich ist, mit der Straßen- oder U-Bahn zur montagetechnischen Endverarbeitungszentrale transportiert werden.“
So wird auf die Vorbereitungen für ein grauenfruppen-Treffen in einer Fußnote aus unserem Mathilda-Projekt Bezug genommen. Dieses Text-Projekt ist ein Spiel mit Welten und Identitäten. Ein Teil des Textes wurde mit dem SIEMENS-Literaturpreis ausgezeichnet. Dass im Zuge dessen auch die grauenfruppe, ein Autorinnen-Kollektiv, ausgezeichnet werden musste, machte den Veranstaltern und der Jury offenbar Probleme, die bei der Preisverleihung offen zu Tage traten.
Die finanziellen Nachteile davon, als Gruppe zu arbeiten, sind evident: Preisgelder, Honorare, Stipendien werden nicht in vierfacher Höhe ausgezahlt, sondern durch vier geteilt, obwohl jede von uns einen Alltag und die damit verbundenen Kosten zu bestreiten hat. Aber durch vier geteilt kann auch die Arbeit werden, die anderen drei sind für die Texte jeder Einzelnen das erste Publikum, in schwierigen Literatur- und L(i)ebensphasen gibt die Gruppe Rückhalt. Ideen und Anregungen werden ebenso zusammengetragen wie die Requisiten für unsere Auftritte.
Aber gibt es nicht manchmal auch unter euch Probleme? Geht das alles immer so reibungslos? fragt das interessierte Publikum weiter. Doch. Bzw.: Nein. Ein potenzielles Problemfeld ist die Aufteilung der Organisationsarbeit (Einreichungen um Förderungen bei öffentlichen Stellen oder für Stipendien und Preise, Kontaktieren von interessierten VeranstalterInnen oder solchen, die noch nicht wissen, dass sie uns buchen wollen, Vorbereitung von Veranstaltungen), aber auch in der Textarbeit kann es zu Auseinandersetzungen über persönliche Vorlieben für den eigenen Text und stilistische Aversionen gegenüber Texten der anderen kommen. Oft vermischen sich die Ebenen, Unzufriedenheiten über organisatorische Ungleichgewichtigkeiten oder das Zeit- und Energiemanagement der anderen, das fallweise zugunsten eigener und zuungunsten gemeinsamer Projekte entscheidet, werden bei nächster Gelegenheit über Texte ausgetragen... Aber wir finden immer wieder zu originellen Lösungen, die uns oft selbst überraschen. Und nach den Auseinandersetzungen gibt es immer wieder die lustvollen Zusammensetzungen. Gemeinsam in Sachen Literatur und Kunst zu reisen gehört zu unseren liebsten Aktivitäten. Und die Interaktionen miteinander und mit unserem Publikum im Rahmen unserer literarischen Performances sind immer aufs Neue spannend.
Wer nun immer noch wissen möchte, was das ist, muss einfach kommen und dabei sein. Aktuelles unter termine!