23.09.2009,
20:00
@
TIK – Theater im Keller
Im österreichischen Dorf Oberwart werden vier Roma ermordet. Die Medien üben sich bestenfalls in routinierter Betroffenheit, ansonsten läuft das banale Tagesgeschäft munter weiter. Für Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek sind der Tod der vier Männer und die Umgehensweisen damit der Auslöser von nichtendenwollenden Assoziationsketten, die von der Vernichtung der Juden bis in die Niederungen des Alltags zwischen Fremdenhass und Fremdenverkehr, Sportbegeisterung und Sensationspresse, Revue und Ratespiel verhakelt. Ein dicht gewebter Teppich von Zitatfäden und Sprechbändern, die komplexe Verflechtungen und Knoten bilden. Jelinek verknüpft Textmaterial der Kronenzeitung, vor allem aus den Kolumnen von Hans Nimmerrichter, der unter dem Namen "Staberl" 37 Jahre lang "meinungsbildend" tätig war. Mehrfach hat "Staberl" verharmlosend über die Ns-Vernichtungslager geschrieben und hart an der Grenze der Legalität die Zahl der in den Gaskammern ermordeten Menschen angezweifelt. Das Textmonstrum STECKEN, STAB UND STANGL mach das Thema der Phobie gegenüber allem Fremdem und stellt es in den Zusammenhang mit unserem Alltagsfaschismus und den von Massenmedien beeinflussten Wellen von Mode, Begeisterung bis zu Hysterie über sportliche Erfolge und quasi Staatstrauer nach dem Tod einer Schirennläuferin. Wenn Elfriede Jelinek ihre Figuren auf der Bühne häkeln lässt, so lässt sie unablässig an diesen Verhaltensmustern weiterstricken, die die Autorin mit ihrer kritischen Haltung aufzutrennen versucht.
Mit der Neuinszenierung von STECKEN, STAB UND STANGL beschreitet dramagraz neue Wege: So ist es dem Team um Ernst M. Binder gelungen Maik Priebe für die Inszenierung zu verpflichten. Priebe hat Regie an der Hochschule "Ernst Busch" Berlin studiert und wurde heuer mit dem Kurt-Hübner-Preis für Nachwuchsregisseure der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste ausgezeichnet.
Mit STECKEN, STAB UND STANGL geht dramagraz wieder in die "Katakomben" des Theaters im Keller, der düstere klaustrophobische Raum bietet das ideale Ambiente für dieses Stück, das im wahrsten Sinn des Wortes ein Stück düstere Zeitgeschichte ist - die wir alle miterlebt haben.
Ist der Text heute noch aktuell - Wahlwerbung mit dem Kreuz in der Hand und eine beispiellose Wahlwerbung für Hans Peter Martin in der Kronenzeitung sprechen ein deutliches Ja.
Mit: Cornelia Lippert, Ninja Reichert, Kathrin Steinweg, Werner Halbedl, T.G. Schubert, Rudi Widerhofer
Regie: Maik Priebe, Bühne und Kostüme: Katharina Scheicher, Musikalische Leitung: NN, Dramaturgie: Josef Vuk, Regieassistenz: Sarah Tünkler, Licht und Einrichtung: Geari Schreilechner
Technische Leitung: Geari Schreilechner, Produktionsleitung, Geschäftsführung: Andrea Speetgens