Monolog des Mauno in einem Akt von Andrus Kivirähk
Aus dem Estnischen von Irja Grönholm
Mauno Truups hat acht Jahre lang die erste Klasse besucht und bezieht seine Lebensweisheit einzig aus dem Lesebuch der Erstklässler. Er ist zufrieden, liest in der Fibel, kommentiert das Gelesene und gewährt dem Zuschauer anhand dieser Kommentare einen Einblick in sein Leben. In Wirklichkeit fristet er aber das unwürdige, kärgliche Dasein eines von der Gesellschaft Vergessenen im Estland von heute.
Ich mag nicht allein sein, ich will, dass wer da ist und mir sagt, was ich machen soll. In der Schule hat es der Lehrer gesagt, zu Hause meine Oma. Ich will das so. Ich will, dass es klar ist. Jetzt setz dich hin, jetzt komm essen, jetzt ist es Zeit, ins Bett zu gehen.
Nach dem Tod der Großmutter verliert Mauno nicht nur diesen Halt in seinem Leben, sondern auch seine Arbeit als Pförtner einer Konservenfabrik. In die leere Wohnung mag er nicht mehr zurück. Durch seine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft gegenüber den Menschen in seinem Dorf kann er sich eine Zeitlang mit Gelegenheitsarbeit über Wasser halten, hilft im Lebensmittelgeschäft, aber schließlich wird er fortgejagt, weil er „vor Blödheit stinkt“. In dieser Situation nimmt ihn sein krimineller Onkel mit in die Stadt und macht ihn zum Handlanger für seine Beutezüge. In der Wohnung, die dieser ihm gegeben hat, ist er auch allein, aber er hat eine Aufgabe, die ihm Halt gibt. Geduldig spioniert er die Nachbarn aus, weiß Bescheid über deren Besitztümer und Gewohnheiten und gibt seinem Onkel bereitwillig die Informationen. So steht er fast Tag und Nacht am Fenster, baut freundliche Verhältnisse auf und darf doch niemanden herein lassen, denn nicht nur geraubtes Gut wird in seiner Wohnung aufbewahrt, sondern schließlich auch noch eine Leiche