Als Sosias, Diener des thebanischen Feldherren Amphitryon das Haus seines Herren betreten will, um dessen Gattin nach glorreicher Schlacht die Siegesmeldung zu überbringen, macht er eine fatale Entdeckung: Er selbst ist schon da. Mit rüder Geste verweigert ihm ein Mann den Zutritt, der behauptet, Sosias zu sein. In Wahrheit ist es Götterbote Merkur und das Ganze erst das Vorspiel einer göttlichen Komödie, die zumindest die Menschen in existenzielle Daseinskrisen stürzen wird. Was sich auf der Dienstbotenebene als unlösbarer Konflikt anbahnt, weitet sich bald auf die Königsebene aus. Auch der glanzvolle Feldherr findet nach seiner Rückkehr aus der Schlacht seinen Platz besetzt und seine Frau in den Armen eines anderen. Bevor er jedoch die Existenz eines Doppelgängers in Betracht zieht, setzt er seine Frau Alkmene wüsten Verdächtigungen und Beschimpfungen aus. Alkmene ist sich keiner Schuld bewusst. Im Gegenteil, nie war sie glücklicher, denn schließlich ist ihr der Gatte nach langer Trennung in seiner wunderbarsten Gestalt erschienen. Sie kann nicht wissen, dass sich Jupiter, Gott aller Götter, die äußere Gestalt des Amphitryon lieh, um mit der sehnsüchtigen Frau eine Nacht lang die nie gekannte ungeteilte Liebe zu erleben. Was ihr als göttliches Geschenk erscheint, muss für Amphitryon Bedrohung sein. »All diese Blicke werft in einen Spiegel, und steht mir Rede: Wer bin ich?«, fragt der bis ins Mark erschütterte Mann und Kriegsheld. Denn mit seiner Frau, seiner Männlichkeit und seiner Herrschaft ist er auch seiner Identität verlustig gegangen. Das 1807 veröffentlichte Drama um die Seinskrise des Menschen in entfremdeten Verhältnissen erlebte erst 1899 seine Uraufführung in Berlin – der Autor war seiner Zeit und dem Theater fast ein Jahrhundert voraus.
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