Wenn ich über irgendein Thema schreibe, interessiert mich nur das Skelett daran. Hier hat mich interessiert die Struktur von Geschlechterbeziehungen freizulegen und die Klischees, die Verdrängungen zu zerstören." (Heiner Müller)
1980/81 entsteht unter dem Titel "Quartett" Heiner Müllers Adaption des Briefromans "Les Liaisons Dangereuses" von Pierre Ambroise François Choderlos de Laclos. Den Stoff reduziert er auf einen Dialog zwischen dem einstigen Liebespaar Merteuil und Valmont, das sich einen spielerischen Machtkampf mit mehrfachem Rollentausch liefert, der jeder Schuldfestlegung der beiden Akteure den Boden entzieht. Im Unterschied zu Laclos, der die Darstellung des sittlichen Verderbens seiner Zeit mit einem moralischen Besserungsanspruch verbindet, interessieren Müller die Täter, die ruchlose Marquise de Merteuil und der nicht minder zynische Vicomte de Valmont, die ihre Partner lediglich instrumentalisieren. Sie sind die gegenüber den Opfern interessanteren, "moderneren" Charaktere. Müller extrahiert aus seiner Vorlage den Vernichtungskampf zwischen Mann und Frau, zeigt Terror und Gewalt im Bereich intimster menschlicher Beziehungen. (Jan-Christoph Hauschild, Schlachtfeld der Liebe)
"Während der zwanzig Jahre, die ich Heiner Müller kannte, wirkte seine Fremdheit nie beunruhigend auf mich. Sie machte mich wach, und da, wo sie mir völlig unverständlich wurde, ließ sie mich geduldig werden. Er schenkte mir zum Geburtstag einmal ein Gedicht von sich, das er fein säuberlich aufgeschrieben hatte. Darunter stand: "with affection". Die andere Sprache sollte wohl eine falsche Vertrautheit verhindern, dachte ich mir.
Müller schätzte die unterschiedlichsten, bis zur Wahllosigkeit gegensätzlichsten Situationen. Sie schienen für ihn gleichwertig, gleichgültig in des Wortes zweifacher Bedeutung zu sein, vielleicht weil seine Literatur so eindeutig von Tod und Gewalt und Macht und Untergang handelt. Mir war immer bewusst, dass ich nur eine sehr flüchtige seiner zahlreichen Anlegestellen war, ein ganz kleiner Farbtupfer auf seiner ausgedehnten bunten Fahrt durch den gespaltenen und dann gesamtdeutschen Alltag. Ich habe mich dennoch nie – wie soll ich sagen – benutzt gefühlt, denn Müller nahm sein "Material" ernst, ging feinfühlig mit ihm um und weihte auch den Partner in seine Genusssucht ein, selbst wenn man sie nicht immer unbedingt mitvollziehen wollte." (Hans Neuenfels, Das Bastardbuch)
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