Ein Drama, das nicht für die Bühne gedacht war, ein Klassiker der Weltliteratur: 220 Szenen, in denen mehr als ein halbes Tausend Figuren auftreten. Das Geschehen des Ersten Weltkriegs zeigt sich in wahllos nebeneinander gestellten Wirklichkeitsausschnitten, das verbindende Element ist die entfesselte Unvernunft. Überall hin führt uns Kraus: in die Straßen Wiens und Berlins, in Kanzleien und Kasernen, in Hinterhöfe und großbürgerliche Wohnungen, in Lazarette und Kirchen, an alle Fronten und in die Etappe. Es treten auf: Militärs und Zivilisten jeglicher sozialen Schattierung. Mittelmäßigkeit und politische Verbrechen, blutrünstiger Patriotismus, Profitgier und Phrasendrescherei.
Karl Kraus, Gründer der Zeitschrift Die Fackel und einer der bedeutendsten satirischen Schriftsteller seiner Zeit, nimmt in seinem Hauptwerk eine Technik der Literatur unserer Tage vorweg – die Montage von Originaldokumenten, die von Geist und Ungeist einer Zeit oft mehr verraten als jede Dichtung. Die Kombination und Konfrontation der Zitate, das Unterbrechen der Handlung – das ist absurdes Theater im modernsten Sinn. Hier baut einer mit dem Mut des Verzweifelten „Wortbarrikaden gegen die Herrschaft der Banalität“ – wie Kraus einmal seinen Landsmann Nestroy charakterisierte. Es trifft auch auf ihn selbst zu.