Wo soll man sie hintun? Welches Label dieser Frau verpassen? Die Spartenbranche Musik tut sich schwer mit dem Multitalent Hilde Kappes. Zu facettenreich die mächtige Stimme, zu lustvoll der ironische Griff in die Genrekiste.
Als wäre ein Engel zur Hölle verdammt, fällt Kappes über Jazz, Blues und Chansons, über Weltmusik, Schnulze und Klassik her. Bewaffnet mit klonkenden Plastikflaschen und dröhnenden Abflussrohren, getragen von Stimme und Flügel. Weil sie alle Genres virtuos beherrscht, kann sie es sich leisten, mit allen Sinnen zu spielen.
Mit heiligem Unernst und großer Menschenliebe reflektiert sie klanglich übers Leben. Ihr Humor trifft, ohne in Wunden zu bohren. Der Zeigefinger bleibt unten. Auch sonst: kein Wegweiser, der die Richtung vorgibt. Der Text hilft kaum weiter. Genussvoll seziert sie die unterschiedlichsten Sprachen, sucht den abstrakten Klang, der bei ihr mehr sagt als jedes konkrete Wort. Wer sich da nur zurücklehnen will, dem geht schnell die Orientierung flöten. Hilde Kappes wird nur verstehen, wer sich ihren vielen reißenden wie ruhigen Strömen ausliefert, alle Sinne treiben lässt und Vertrautes über Bord wirft. Genießen wird sie, wer sich selbst genussvoll zu misstrauen vermag.
Die dreizehn Songs der CD Unlabelled geben einen Einblick in die Kunst der Hilde Kappes. Wer mehr sehen und hören will, dem seien ihre Konzerte empfohlen. Anschaulicher als jede Konserve vermitteln sie, was am Ende doch als Etikett zu dieser Musik passen könnte: die pure Lust am Leben.