Das erste Rendezvous – doch anstatt in ein schickes Restaurant oder ins Kino zu gehen, bringt ER, ein junger Durchschnittstyp, SIE, auch keine Ausnahmeerscheinung, auf eine Müllhalde. Denn satt hat er diese ritualisierten Dating-Vorgänge, bei denen man sich eigentlich „eh nur etwas vormacht“ – wenn schon, will ER SIE richtig kennenlernen. Im Zuge gegenseitiger Annäherung beginnt ein schonungsloser Körper- und Seelen- Striptease: Beide befreien sich von ihren Verkleidungen. Doch ohne die Masken der Gesellschaft wird die Nacktheit zur Überlebensfrage. Nun sind sie wie Ratten, auf die ER schießt – Zivilisationsmüll.
Peters Turrinis Einakter von 1967, der 1971 am Volkstheater uraufgeführt wurde, hat nichts von seiner Kraft und Aktualität eingebüßt. Eine Wohlstandsgesellschaft, die sich nur über Konsum definiert; ein System, das durch seine Ge- und Verbote terrorisiert; Menschen, die sich auszudrücken versuchen und dazu doch gar nicht fähig sind; Gefühle, die vereist sind; Nähe, die nicht möglich ist. Turrini stellt die Frage nach Authentizität, danach, was den Menschen ausmacht. Die Antwort, die das Stück gibt, ist beunruhigend: Wenn der Mensch meint, frei zu sein und alle Konventionen abstreift, unterscheidet er sich in den Augen der Gesellschaft nicht mehr von dem Müll, den man schnellstmöglich entsorgt.
Philipp Ehmann, Jahrgang 1987, studierte Regie an der University of Exeter in England; seine Arbeiten waren insgesamt in 7 Ländern u.a. am Exeter Fringe Festival, beim Playpublik Festival in Berlin oder am Volkstheater- Hundsturm (Gegenmittel von Nicoleta Esinencu) zu sehen. Zudem leitet er Österreichs erstes Festival für Spiele im öffentlichen Raum Play:Vienna und arbeitet als immersive Theatre Director und Game-Designer für die Street Game Conspiracy. Philipp Ehmann wird einen frischen Blick auf diesen Klassiker der österreichischen Moderne werfen.