Um seine Geliebte Marie und das gemeinsame uneheliche Kind versorgen zu können, übernimmt der einfache Soldat Woyzeck zusätzliche Jobs. Täglich rasiert er seinen Hauptmann und lässt sich über Monate vom Doktor, einem wissenschaftlichen Fanatiker, gegen Geld als Versuchs- und Studienobjekt missbrauchen: Woyzeck muss sich ausschließlich von Erbsen ernähren. Zulage erhält er bei nennenswerten Bewusstseinsveränderungen und wenn er seinen Harn lange genug zurückhält. Tatsächlich plagen Woyzeck Wahnvorstellungen. Aus seiner Isolation heraus versucht er vergeblich, den Sinn der menschlichen Existenz zu ergründen. Als er Maries Verhältnis mit dem Tambourmajor – »einem Mann wie ein Löwe« – entdeckt, treiben ihn Stimmen in seinem Kopf dazu, sein Kostbarstes, Marie, zu zerstören: »Und doch möchte ich den Himmel geben, sie noch einmal zu küssen«. Woyzeck wäscht sein blutiges Messer im See ... Büchner greift den realen Fall eines gemütskranken Leipziger Mörders auf. Büchners Dramenfigur wird aber weniger durch »dunkle Mächte der Seele« zugrunde gerichtet als vielmehr durch die harte soziale Realität. Erstmals in der deutschsprachigen Theatergeschichte steht damit der Vertreter einer unterprivilegierten sozialen Schicht im Mittelpunkt eines Schauspiels. Georg Büchner hat es jedoch nicht vollendet. Das Fragment ermöglicht den freien Umgang mit den Bruchstücken und fordert dazu auf, die sozialen und philosophischen Fragen des Daseins immer neu zu stellen.
Regisseur Oliver Frljić inszeniert nach Where do you go to, my Lovely …? zum zweiten Mal am Schauspielhaus Graz. Die politisch relevanten, oft unbequemen Fragestellungen und die eigenwilligen szenischen Mittel des bosnischen Regisseurs lassen einen brisanten Zugriff erwarten.