„Und man ist dazu da, daß man's ertragt.
Und, in dem »Wie« da liegt der ganze Unterschied“
(Marschallin in Hugo von Hofmannsthal’s Der Rosenkavalier)
BESSER SCHEITERN — Real Magic, das neueste Stück der Pioniere der europäischen performativen Künste Forced Entertainment ist eine Beckett’sche Mentalmagie-Show, Sitcom und Ratequiz in Einem. Auf einem grünen Filzteppich zu Applaus- und Lachkonserven spielen Claire Marshall, Richard Lowdon und Jerry Killick ein auswegloses Endspiel der hedonistischen Spaßgesellschaft. Dabei variieren, verändern und verzerren sie immer dieselbe Szene, die gleichen Worte, die gleichen falschen Antworten, wenn es darum geht aus dem Nichts einen Begriff zu erraten. Selbst wenn dieser unter die Nase gehalten wird. Es folgen virtuose Tschechow-Szenen des Weltschmerzes auf rasante Clown-Nummern im Geiste von Laurel und Hardy. Das Banale wird zum Abstrusen bis es im irrwitzigen Wahnsinn mündet.
„Wer A sagt, der muß nicht B sagen. Er kann auch erkennen, daß A falsch war.“, behauptet Bertolt Brecht. Forced Entertainment machen das Gegenteil und tappen immer wieder in ihre eigenen Fallen, fast märtyrerhaft kippen sie in denselben Loop und demaskieren so menschliche Verhaltensmuster und gesellschaftliche Regeln, während das imaginäre Publikum kaltblütig johlt, das anwesende mitlacht und -leidet.
Doch in der Ausweglosigkeit dieser Gameshow-Illusion verbleiben Momente der Hoffnung, der Glaube an das Individuum, dessen Handlungsmacht und der Sehnsucht nach Veränderung.
Absurd scheint die Frage: Wer lacht als Letztes? Wissen tut es keiner. »Wie«, erst recht nicht.
#GameShow #tacky #Chickenman #IbsenAward #TrashTV #WartenAufGodot #Optimismus #TäglichgrüßtdasMurmeltier
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KÜNSTLERISCHE LEITUNG: Tim Etchells
PERFORMER_INNEN: Jerry Killick, Richard Lowdon, Claire Marshall
LICHTDESIGN: Jim Harrison
BÜHNE: Richard Lowdon
PRODUKTION: Jim Harrison.
ELECTRONICS / TONBEARBEITUNG: John Avery
LOOPS: Tim Etchells
MUSIK: “Grave” aus Georg Philipp Telemann’s “Fantasia” Nummer1 in B-Dur , interpretiert von Aisha Orazbayeva
PRODUKTION: Forced Entertainment
KOPRODUKTION: Hebbel Am Ufer, Künstlerhaus Moustonturm, Tanzquartier Wien,
ACCA (Attenborough Centre for the Creative Arts, University of Sussex), Spalding Gray Consortium – On the Boards, PS122, Walker Art Center und Warhol Museum.
Seitdem sich 1984 Forced Entertainment gründete, haben die sechs Protagonist_innen eine einzigartige künstlerische Beziehung zueinander aufgebaut. Bereits seit 30 Jahren haben sie ihre Position als Vorreiter des zeitgenössischen Theaters immer wieder bestätigen können.
Die Künstlergruppe verbindet einzigartige Geschichte mit einer gleichberechtigten Teilhabe an kreativen Prozessen in ihrer kollektiven Praxis und offeriert dem Publikum ein überzeugendes, intensives und provokantes, neues Theater um zeitgenössische Erfahrung beschreibbar zu machen. Ihre künstlerische Arbeit wurzelt zwar im Theater, zieht aber genauso Streifzüge durch „Durational Performance“, Installationen in Galerien wie auch digitale Medien. Dabei produziert Forced Entertainment keine direkte, realistische Reflexion des Umfeldes, sondern versucht klar und lebhaft mit dem Herzen der okkupierten Landschaft zu kommunizieren und dabei einen reflexiven Raum zu kreieren, in dem das Publikum eingeladen ist, eigene Gedanken und Erfahrungen zu erforschen.
2016 wird Forced Entertainment als erstes Kollektiv der renommierte International Ibsen-Award, zu deren früheren Preisträger_innen Peter Brook, Heiner Goebbels, Ariane Mnouchkine Jon Fosse und Peter Handke zählen, verliehen.
www.forcedentertainment.com