Ein Meisterwerk? Oder Pornografie? Bei seinem Erscheinen 2006 war Jonathan Littells Roman Die Wohlgesinnten ein Skandal. Aus einer provokanten Perspektive, die bis dato keiner vor ihm einzunehmen gewagt hat, erzählt Littell vom Dritten Reich: Er verbindet die fiktive Autobiografie seines Protagonisten Maximilian Aue mit realen Ereignissen und Personen des Holocaust und berichtet aus der Täter-Perspektive von dessen Karriere von 1941bis 1945. Der italienische Regisseur Antonio Latella – am Schauspielhaus inszenierte er 2009 Wild wuchern die Wörter in meinem Kopf. Ein Triptychon nach Texten von Josef Winkler –, hat Littells Roman dramatisiert. Die Wohlgesinnten ist auch Titel des letzten Teils der Orestie von Aischylos, in welchem die Rachegöttinen, die Erinyen, den neuen Namen Eumeniden (Die Wohlgesinnten) bekommen, um sie zu beschwichtigen. Diese Verbindung zur antiken Tragödie ist Ausgangspunkt von Latellas Bearbeitung für drei Schauspieler und einen Sänger.
"Regisseur Antonio Latella übersetzt Jonathan Littells Nazi-Täterroman (...) in einen mythologischen Höllenritt. Drei Schauspieler und ein Sänger leisten Großartiges. (...) Latella ist, im Verein mit Dramaturg Federico Bellini, ein Meisterwerk gelungen. Die Aufführung überzeugt, weil sie das Monströse, mithin Undarstellbare in ein mythisches Geschehen zurückübersetzt."
Der Standard