Einige Kinder hausen in einer Kellerruine: Da sind der gerissene Schleichhändler Jid aus dem KZ, der blonde Goy aus einem Kinderverschickungslager und "Curls", Besitzer der Ruine. Ewa, etwa 15 Jahre alt, betreibt Gelegenheitsprostitution, ihre Freundin Ate war BDM-Führerin und spricht auch noch so. Alle kümmern sich um das "Kindl" im Babywagen, ein winziges Mädchen mit Ballonbauch. Der schwarze Reverend Hosea Washington Smith aus Louisiana, zufällig in dieses gemütliche Inferno geraten, versucht die Kinder aus ihrem Elend in die Schweiz zu retten. Er scheitert.
Eine "violent, gentle story", so vermeldete der New Yorker Herald Tribune, schrieb der große, streitbare Satiriker Robert Neumann im Jahr 1946. "Children of Vienna - Die Kinder von Wien" führt in ein fiktives Nachkriegswien. Schleichhändler, Amtspersonen, Alliierte, weiße und schwarze Missionare, Läuse, Dreck und Wanzen. In einem Keller hausen fünf übrig gebliebene Kinder in einer Wohngemeinschaft des Schreckens, aber auch der anarchischen Freiheit. Sie begegnen dem Leben ohne Moral oder Furcht, dafür mit fast tierhafter Zähigkeit und beißendem Witz. Eine abgründige Sprachphantasie der Trotzdemimmernochlebendigen, die den Krieg, jeden Krieg überstehen.
In der Bühnenfassung von Anna Maria Krassnigg wird die Geschichte in einer imaginären Landschaft der Zerstörung, aber auch des radikalen Neubeginns in Gang gesetzt. Ein zwölfköpfiges, internationales Ensemble sucht nach den Geschichten, Figuren, Wahrheiten und Konflikten der mitreißenden, schonungslosen und tod-komischen Story. Die Weite des Raumes spiegelt den Abstand, den das Publikum, das bloß zuschaut, in Raum und Zeit zum Erlebnis der Roman-Figuren aus dem Jahr 1946, aber auch zu ihren Verwandten in den zerstörten Nachkriegsgebieten der Gegenwart empfindet.
Neumanns Parabel über die Zerstörung des Menschen durch Krieg und Faschismus hat die Jahre überflügelt, die Wegstrecke mühelos eingeholt und ist 2013 nichts anderes als ein Zeitstück über "displaced persons" aller Kontinente in einem hinreißenden "displaced slang", der Zeit und Ort aufhebt und den Betrachter mit der Träne im Knopfloch, der Wut im Bauch und dem Lachen im Hals zurücklässt.
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