Serie in 5 Folgen
Projektleitung: Felicitas Brucker, Anne Habermehl
4. Folge: Die Agonie des Friedens
von: Ferdinand Schmalz
1899 legt Stefan Zweig am Gymnasium in der Wasagasse im neunten Bezirk seine Matura ab. Eine glänzende Zukunft als Literat und Teil der bürgerlichen kulturellen Elite des Landes liegt vor ihm. In seiner Autobiografie beschreibt er die letzten Tage des „alten“ Österreich vor Beginn des Ersten, und die Agonie meiner Heimat vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs: Todgeweiht schien mir Europa durch seinen eigenen Wahn, Europa, unsere heilige Heimat, die Wiege und das Parthenon unserer abendländischen Zivilisation. Zweig schildert jedoch keineswegs nur den Glanz der Donaumonarchie, sondern auch eine Gesellschaft, die aufgebaut ist auf Disziplin und körperlicher Züchtigung, geprägt ist von Autoritätsgläubigkeit, die sowohl die privaten Verhältnisse – der Kinder zu den Eltern – als auch die gesellschaftlichen – der Untertanen zum Kaiser – bestimmt. Die hier herangezogene Generation wird schon bald beteiligt sein an den Gräueln des Zweiten Weltkriegs. Im Londoner Exil trifft Zweig auf Sigmund Freud, der als menschlicher Mensch tief erschüttert, aber als Denker keineswegs verwundert über diesen fürchterlichen Ausbruch der Bestialität ist und darin den Beweis für die Übermacht der Triebe über die Kultur, dafür, dass das Barbarische und der elementare Vernichtungstrieb in der menschlichen Seele unausrottbar sind, sieht.
In der vierten Folge verbinden die Regisseurin Felicitas Brucker und der Autor Ferdinand Schmalz das Thema Erinnerung mit der Frage nach dem Bösen, dessen Ursprung und Existenz innnerhalb der zivilisierten Gesellschaft. Wie gehen Menschen, die „Böses“ getan, aber auch erfahren haben, damit in ihren Erinnerungen um?