MI 26. MÄRZ – SA 29. MÄRZ
TQW / Halle G und Studios
»Der Mann mit gewöhnlichem Wirklichkeitssinn«, so Robert Musil, »gleicht einem Fisch, der nach der Angel schnappt und die Schnur nicht sieht, während der Mann mit jenem Wirklichkeitssinn, den man auch Möglichkeitssinn nennen kann, eine Schnur durchs Wasser zieht und keine Ahnung hat, ob ein Köder daran sitzt.« Nicht zufällig vergleicht Robert Musil den Akt des Spekulierens mit dem Auswerfen einer Angelschnur: Wer spekuliert, fasst ein Ziel ins Auge und löst, kühn oder schüchtern, ganz fokussiert oder ins Offene gerichtet, eine Serie von Abschätzungen und körperlichen Vorkehrungen aus, die sich im Auswerfen der Angelschnur aktualisieren. Die mit dem Spekulativen verbundene Illusion der Zielgerichtetheit und Faktizität tauscht er dabei gegen eine konkrete, raumgreifende und raumstrukturierende Praxis aus: gegen ein spielerisches Nichtwissen, das zugleich poetische Produktion von Perspektiven und mögliche Wirklichkeit ist.
SCORES°8: Lures of Speculation richtet den Blick auf die Choreografien des Spekulativen; auf die Köder, die, einmal ausgeworfen, auf das angenommene Begehren des Anzulockenden zielen und unsere performativen und diskursiven Bewegungen stetig neu aktualisieren und organisieren. Im Rahmen des künstlerisch-theoretischen Parcours sind Künstler- Innen und TheoretikerInnen eingeladen, die in ihren Performances, Vorträgen, Lecture Performances und Dialogen, in Workshops und Trainings an ihren ganz eigenen Praktiken und Dispositiven des Spekulierens arbeiten. In komplexen Choreografien und schillernder Feedback-Logik legen sie das enge Wechselverhältnis von Attraktion und Determination, von Erfolg und Missglücken, von Abschätzen und Antizipation offen und verraten uns dabei etwas über die Projektionen, Interessen und Körper, die im Akt des Spekulierens auf dem Spiel stehen.