ZENSUR! Die Drei von der Tankstelle
Der Film "Die Drei von der Tankstelle" von Wilhelm Thiele aus dem Jahr 1930 ist ein zentrales Werk des deutschen Filmschaffens vor dem zweiten Weltkrieg. Er war einer der ersten und gleichzeitig erfolgreichsten deutschen Tonfilme. Ein Jahr zuvor hatten sich viele Kinobesitzer verschuldet, um mitten in der Wirtschaftskrise ihre Kinos von Stumm- auf Tonfilm umzustellen. Zwar wurden dadurch zahlreiche Musiker der Stummfilmorchester arbeitslos, aber für die Tonfilmkinos rentierte sich dieser Aufwand bald.
"Die Drei von der Tankstelle" gilt auch als erster Musical-Film der deutschen Filmgeschichte. Lieder, wie etwa "Ein Freund, ein guter Freund" oder "Liebling, mein Herz lässt dich grüßen" wurden weit über diesen Film hinaus bekannt und zu großen Hits.
1937 wurde er von der nationalsozialistischen Zensurbehörde verboten, da in diesem Film Juden mitwirkten. Unter anderem haben die Comedian Harmonists einen Gastauftritt, die zu dieser Zeit trotz ihres überragenden internationalen Erfolgs aus demselben Grund ebenfalls verboten wurden. Eine der Hauptrollen in diesem Film spielt der deutsche Paradekomiker Heinz Rühmann. Trotz seiner enormen Popularität und seiner engen persönlichen Freundschaft zum Reichspropagandaminister Joseph Goebbels konnte er ein Verbot dieses Films offenbar nicht verhindern.
Mit der Produktion "ZENSUR! Die Drei von der Tankstelle", die wir anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht vom 9.11.1938 zeigen, drehen wir die erfolgreiche Umstellung von Stummfilm auf Tonfilm wieder um: Wie zu Zeiten des Stummfilms wird der Film ohne Ton vorgeführt und unter der Leitung des Schweizer Regisseurs Mathias Spohr live mit Dialogen, Geräuschen und Musik ergänzt.
Mit diesem Projekt wollen wir dem Publikum, das sich als "Foley Artisten" mit der Tongebung der Filmgeräusche an unserer Aufführung beteiligen kann, ein sinnliches Erleben der Zensur und ihrer Gewalttätigkeit ermöglichen und die Katastrophe der Verhinderung spürbar machen.
Regisseur Mathias Spohr sucht nach neuen, unkonventionellen Formen des musikalischen Theaters und experimentiert mit der Brüchigkeit der Interpretationen.
Live-Synchronisation des Films von 1930
Musik: Werner Richard Heymann
Bühnenrechte beim Thomas Sessler Verlag Wien
Kritik: http://www.european-cultural-news.com/ein-rosaroter-filmhimmel-mit-schwarzen-geschichtswolken/7868/