BACCHUSFEST: Ort der Handlung ist ein feiner Provinzbahnhof in gebirgiger Landschaft. Wie bereits in Schnitzlers „Grosser Szene“ gelingt es einem Ehemann aus dem Künstlermilieu, seine Frau, die sich von ihm trennen will, durch seine wache Persönlichkeit, seine Intelligenz und Fantasie wieder auf seine Seite zu ziehen.
Im klugen Text Schnitzlers gibt es immer wieder Seitenhiebe auf die Welt der Künstler. Der junge bürgerliche Liebhaber (Guido) der Frau des Schriftstellers thematisiert: „...dass ich unser Haus bürgerlich führen werde, versichere ich dich, dass diese recht interessante, aber zum Teil etwas bedenkliche Gesellschaft von Künstlern und Komödianten beiderlei Geschlechts, die in eurem Haus aus und ein zu gehen pflegte, die Schwelle des meinen nicht überschreiten wird, versichere ich dich.“
Gleichsam um seine Frau vor ihrer eignen Untreue zu schützen, erfindet der herbeigeeilte Schriftsteller Felix Staufner seiner Frau Agnes und ihrem jungen Liebhaber gegenüber das „Bacchusfest“. Dieses göttliche Fest wurde alljährlich von Frauen und Männern ohne Rücksicht auf deren Bindung gefeiert, sie lebten eine Nacht hindurch uneingeschränkte sexuelle Freiheit. Allerdings durfte über diese Erlebnisse nie gesprochen werden-ebenso wenig gab es für diese eine Nacht keine Verantwortung „genau so wenig Verantwortung, als für Träume“. War die Sehnsucht zweier Liebenden des „Bacchusfest“ nach einer weiteren Liebesnacht ein unbedingtes Bedürfnis, wurde diese zweite Nacht von den Priestern erlaubt. Doch war die Bedingung, dass dieses Paar in der Folge für alle Zeiten beieinander blieb.
Der Zug nach Paris fährt ein, der junge Liebhaber Guido reist ab-allein. Der Schriftsteller und seine Frau Agnes bleiben, indem sie sich gegenseitig ihrer Liebe und ihres Hasses versichern, in ihrer Villa in der „gebirgigen“ Gegend.
Zu der Bilanz des Ehepaares passt auch einer der bewegensten, weil spürbar aus der Erfahrung geschürften und am Schmerz gereiften Aphorismus Arthur Schnitzlers:
„Kein Gespenst überfällt uns in vielfältigeren Verkleidungen als die Einsamkeit, und eine ihrer undurchschaubarsten Masken heißt Liebe.“
ANATOL: Die der Entstehungszeit nach zweite Szene des Anatolzyklus' zeigt den Helden von seiner frivolen und leichtsinnigen Seite. Schon die Ausgangssituation bestimmt die Richtung des folgenden Geschehens, denn Anatol ist absolut nicht in der Stimmung, heute zu heiraten. Er möchte am liebsten absagen! Die Situation ist kompliziert, da Anatol sich überdies vor die Aufgabe gestellt sieht, seine bevorstehende Vermählung vor einer eben erst wieder aktuell gewordenen früheren Geliebten-Ilona- geheim zu halten. Max ist über die Frivolität seines Freundes entrüstet, hilft ihm aber schließlich doch, die leidenschaftliche, ungarische Freundin ruhig zu stellen. Oder doch nicht? Die Geliebte der letzten Nacht ist nämlich nicht gewillt, den eben erst wiedergewonnenen Freund aufzugeben.
Die gewundenen Wege der beiden Freunde- Max und Anatol- die sich überschlagenden, oft widersprechenden Ausflüchte zeigen Schnitzlers Lust am überbordend Komischen.