Chaos macht Angst. Und es scheint heute nicht mehr nur ein vorübergehender Ausnahmezustand zu sein, sondern ein gleichermaßen bedrohliches wie unvermeidliches Modell für die Zukunft.
In der griechischen Antike hingegen ist das Khaos eine ambivalentere Figur. Als formlose Form und Streben in Richtung eines Anderes als es schon ist, ruft es auch die Dimension des Entstehens, des Möglichen, der Erneuerung auf.
In KHAOS versammelt Laurent Chétouane vier Tänzer_innen und drei Musiker_innen zur Erkundung des Khaos. Auf der Bühne erklingt Musik von Johann Sebastian Bach, Wolfgang Rihm und John Cage, die eine Affinität zum Unkontrollierbaren aufweist. Die Turbulenzzonen in und zwischen den Musikstücken sind Ausgangspunkt der Entstehung instabiler, bedrohlicher, zerstörerischer Räume, denen Performer_innen und Zuschauer_innen zugleich ausgesetzt sind. Dabei tauchen Körper auf, die neue Verhältnisse zum Raum, zum Anderen und zu sich selbst entdecken müssen, um den blinden und disparaten Kräften der Offenheit nicht ganz zum Opfer zu fallen. Die Gefahr einer Auflösung der Ordnung einer Welt durch das Chaos wird in KHAOS als die Chance der Schaffung multipler Welten erprobt – der Versuch einer utopischen Gegenwart.